Massgames Pyongyang
Fotoserie über die Massgames in Pjöngjang, Nordkorea
Die größte Show der Welt
Serie von 10 Fotos veröffentlicht bei der Galerie Lumas
Jetzt in einer exklusiven Edition bei Koryo Studio
Weitere Motive über meine Website Massgames Pictures
Ausgestellt auf der 25. Internationalen Poster Biennale in Warschau 2016
Einziger deutscher Beitrag zum Nordkorea-Special des Time Magazine 2018
Mode-Serie mit meinen Fotos
Mehr Infos gibt’s auf der Facebook-Seite der Serie
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Interview mit Whitewall, dem Labor von Lumas
Bericht über die Internationale Poster Biennale Warschau im Eye-Magazine
Interview in der Welt (zum Bildband A Night in Pyongyang)
Bericht in der Huffington Post
Beitrag im Fashion & Livestyle-Blog Hypebeast
Beitrag im Design-Blog Designboom
Beitrag im Kunst-Magazin Scene 360
Beitrag im Design-Blog Trendhunter
Artikel in der Daily Mail
Making of
The schoolchildren, conscious that a single slip in their action may spoil their mass gymnastic performance, make every effort to subordinate all their thoughts and actions to the collective.
Kim Jong-il, April 1987
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Im Juni 1811 wurde an der Berliner Hasenheide der erste „Turnplatz“ vom später als „Turnvater“ bekannten Hilfslehrer Friedrich Ludwig Jahn eröffnet. Jedermann sollte sich hier versammeln und öffentlich mit Leibesübungen stärken können. Doch die Obrigkeit beäugte die rasch wachsende Turnerbewegung misstrauisch, war doch Jahn als radikaler Nationalist bekannt, der die Kleinstaaterei abschaffen wollte und von Freiheitsrechten, Gleichheit, sowie einem „Großdeutschland“ mit einer neu zu erbauenden Hauptstadt „Teutonia“ in Thüringen träumte. So nimmt es nicht Wunder, dass die Turner bereits 1820 wieder verboten wurden und Jahn in der Folgezeit mehrfach verhaftet wurde. Erst 1842 hob Wilhelm IV. von Preußen den „Turnbann“ auf, nachdem Jahn seinen radikalsten politischen Ideen abgeschworen hatte. Nach dieser Ent-Ideologisierung bekam die Bewegung jedoch enormen Zulauf. Als erster Höhepunkt gilt das Leipziger Turnfest von 1863 mit über 20.000 Teilnehmern.
Als nach dem 2. Weltkrieg die Idee des öffentlichen Massenturnens von diversen sozialistischen Staaten wiederentdeckt wurde, folgte – offenbar unvermeidlich – eine erneute politische Aufladung, jedoch aus anderer Richtung. Die bereits von Jahn eingeführte Synchronizität der Bewegungen wurde nun auf die Spitze getrieben, passte doch plötzlich Systemglaube und Inszenierung auf perfekte Art und Weise zusammen. Nordkoreas Herrscher Kim Jong Il formulierte diese Idee in einem Essay über die „Massengymnastik“ so: „In dem Bewusstsein, dass der kleinste Fehler ihrer Aktionen die gesamte Aufführung stören kann, unternehmen die Schulkinder jede Anstrengung, um all ihre Gedanken und Handlungen dem Kollektiv unterzuordnen.“ Der Einzelne funktioniert also nur als Teil des Kollektivs, und das Kollektiv ist nur perfekt, wenn jeder Einzelne es ist. Die Massgames dienen dabei als Weg zum „voll entwickkelten kommunistischen Menschen“ (Kim Jong Il, ebenda). Ausgestattet mit diesem ideologischen Gerüst stellen die nordkoreanischen Massgames alles, was im Ostblock jemals aufgeführt wurde, weit in den Schatten und packen das soeben beschriebene in eine so gigantische wie spektakuläre Show.
Durch meinen Bildband über die Massgames bekam ich Kontakt zur Galerie Lumas, die sehr an meinen Fotos interessiert war. Da ich jedoch auf meiner ersten Reise nur eine kleine Amateur-Kamera dabei gehabt hatte, reichte die Auflösung der Fotos nicht für die großen Formate, die sich Lumas wünschte. So beschloss ich, eine zweite Serie zu fotografieren. Mit anständigem Equipment und einer offiziellen Fotogenehmigung. Mich interessierten weniger die spektakulären Totalen, wie sie beispielsweise Thomas Gursky fotografiert hatte. Ich wollte den „man in the masses“ finden, ihn aus dem Kollektiv reißen – und dazu musste ich so nah wie möglich an an die Teilnehmer herankommen, entweder durch Nähe zum Spielfeld oder extrem lange Brennweiten, am besten durch beides.
Die Fotogenehmigung stellte mich jedoch vor fast unüberwindliche Probleme. Fast ein Jahr lang musste ich mir anhören, dass das auf keinen Fall gehe. In Pjöngjang wurden meine Bemühungen aber sehr wohl registriert. Ein koreanischer Mitarbeiter der Deutschen Botschaft recherchierte, wie ich zum ersten Mal ins Land gekommen war und wandte sich an Koryo Tours, dass da gerade ein komischer Typ aus Deutschland alle und jeden in Pjöngjang mit der Bitte um eine Fotogenehmigung aufscheuchen würde. Nick Bonner von Koryo Tours bot mir darauf seine Hilfe an und langsam setzten sich die Dinge in Bewegung. Ende des Sommers bekam ich schließlich Nachricht von Nick: in Pjöngjang könnte eine Tür für mich aufgehen. Das beste wäre, in ein Flugzeug zu steigen und es einfach zu versuchen. Ich nahm all meinen Mut zusammen, plünderte mein Bankkonto und reiste im September ins „hermit kingdom“. Eine offizielle Fotogenehmigung hatte ich immer noch nicht, immerhin brachte ich mein Equipment durch den Zoll und stand am selben Abend im Stadium. Voller Stolz präsentierte mir mein Guide Mr. Li meinen Logen-Platz: in einer langen Reihe standen schwere Sessel, auf denen die nordkoreanische Prominenz, darunter Kim Jong-un persönlich der Eröffnung der Massgames beiwohnte. Hier hatte man die beste Sicht – doch für meine Zwecke waren die Plätze ungeeignet, waren sie doch viel zu weit weg. Ich deutete auf die Reihen unterhalb der Loge, die direkt an das Spielfeld angrenzten: da wollte ich hin. Mr. Li winkte erst ab, doch mit viel Geduld und weiteren schwierigen Verhandlungen stand ich zwei Tage später tatsächlich ganz vorne am Spielfeldrand – näher als jeder andere Fotograf vor mir.
Eine Woche später war ich zurück in Peking. Erschöpft, aber mit einem reichen Schatz an Fotos im Gepäck. In Pjöngjang hatte ich nur Zeit gehabt, die Fotos zu überfliegen, jetzt konnte ich sie endlich in Ruhe sichten. Die Nahaufnahmen, für die sich so gekämpft hatte, waren perfekt. Doch zu meinem Entsetzen waren die Totalen alle unscharf. Offenbar war meine Weitwinkel-Optik beim Transport beschädigt worden. Die Totalen waren nicht der Kern der Arbeit – doch ohne sie würde ich die Serie nicht bei Lumas präsentieren können. So flog ich zurück nach Deutschland, tauschte meine Optik aus und stand ein paar Tage später zum großen Erstaunen meiner Guides erneut in Pjöngjang. Nun war ich ein „Third timer“, einer der wenigen westlichen Touriten, die drei Mal in Nordkorea gewesen waren. Doch die Schwierigkeiten rissen nicht ab. Zwei der drei Shows, die ich gebucht hatte, wurden abgesagt. Die einzigen Shows, die noch stattfanden waren außerhalb der Gültigkeit meines Visums. Wieder machte Mr. Li das Unmögliche möglich. Einen Tag war ich ohne Visum in Nordkorea, dann arrangierte er einen Termin in einem Café, zu dem westliche Touristen keinen Zutritt hatten. Hier traf ich zu meiner großen Freude Ms. Pak Hyon-yi – die bei meiner ersten Reise noch mein Tourguide gewesen war. Mittlerweile war sie Chefin der staatlichen Reiseagentur KITC – und sie konnte helfen. Noch am gleichen Abend war mein Visum verlängert und am nächsten Tag stand ich wieder im Stadion bei der größten Show der Welt, die Kamera in der Hand und schoss sorgsam Totale um Totale, knackscharf und einmalig.