Back to the roots
Ende September habe ich nach langer, langer Zeit wieder meine guten alten gelben Beleuchterhandschuhe ausgepackt, die zuletzt vor ungefähr 15 Jahren im Einsatz waren. Mein Freund, der Kameramann Jan Fehse hatte mich angerufen und erzählte mir, dass er gerade einen kleinen Kinofilm mit Veronica Ferres vorbereitet: „Short Term Memory Loss“ von Andreas Arnstedt. Schließlich meinte Jan, er würde mich jetzt etwas total verrücktes fragen, ich könne auch „nein“ sagen. In ganz Berlin gebe es keine Beleuchter mehr. Ob ich vier Tage einspringen könne? Ich überlegte nicht lang und sagte spontan zu. Nach der ganzen Drehbuch-Schinderei des letzten Jahres war ich froh um eine kleine Abwechslung. Endlich mal weg von meinem Schreibtisch, wieder rauf auf den Lichtlaster, wieder rocken.
Short Term Memory Loss (Kinofilm)
Beleichter
So fand ich mich drei Tage später nach langer langer Zeit wieder im Lichtlager von CineMobil in Berlin und packte Lampen in einen Laster ein, die ich alle nicht mehr kannte. Die erste Erkenntnis: der Fortschritt ist nicht aufzuhalten, die Lampen werden tatsächlich leichter und leistungsstärker, von LED Akkuleuchten hat man in den 90ern noch nicht einmal geträumt. Die zweite Erkenntnis: am guten alten Manfrotto Kurbelstativ ist der technische Fortschritt offenbar komplett vorübergegangen. Das Scheiß Teil ist immer noch 25 kg schwer. Und vom Beleuchter wird erwartet, dass er das Ding mit Lampenkopf locker flockig durch die Gegend trägt und im Idealfall auch noch gut aussieht dabei.
Am nächsten Tag stand ich wieder behandschuht am Set. Es war, als ob man einen Fisch zurück ins Wasser wirft. Ich hab mich sofort wieder wohlgefühlt und hatte ziemlich schnell die dritte Erkenntnis: ich kann’s immer noch. Licht machen geht immer noch genauso wie vor 15 Jahren: Stative aufstellen, Lampenkopf drauf, Konverter anschließen, Strom legen, Rahmen davor, mach mal härter, mach mal weicher, bisschen anheben, von oben noch ein Cutter rein, und innen noch eine Kinoflo an einer Polecat unter die Decke. Drehen, Shot gestorben, Umbau, Jan, wie lang braucht ihr? 10 Minuten, jetzt müssen die Lampen vorne alle weg, weil wir durchs Schaufenster schauen, stehen die beiden Zweieinhalber hinten schon im Hof? Und abends isst man noch kurz was, fällt man ins Bett, steht am nächsten Tag um halb sechs wieder auf und weiter geht’s. Großartig.
Aus den vier Tagen wurden schließlich vier Wochen, da schnell klar war, dass ohne mich tatsächlich ein Mann zu wenig im Lichtteam war. Und ich hab’s wirklich gern gemacht. Nach zwei Wochen sind die Kurbelstative übrigens schon deutlich leichter geworden und am Ende waren sie leicht wie eine Feder…
Die Bewerbungen für nächstes Jahr laufen schon…